Medien und wissenschaftliche Kommunikation: Redaktionelle Prozesse der Vermittlung wissenschaftlicher Expertise am Science Media Center Germany. Studienreport

Abstract

Das ethnografische Material wurde in der Redaktion des Science Media Center Germany gesammelt: Einer unabhängigen, intermediären Organisation zwischen Wissenschaft und Journalismus, die wissenschaftliche Expertise für die journalistische Nutzung auswählt und aufbereitet. Das Forschungsinteresse galt den Praktiken der redaktionellen Themenauswahl, den Organisationsstrukturen und dem Selbstverständnis des einzigartigen Akteurs in der deutschen Wissenschaftskommunikationslandschaft. Unerwartet kollidierte der einmonatige geplante Forschungsaufenthalt in der Redaktion im Januar 2020 mit dem ersten Ausbruch des neuartigen Coronavirus in Europa. Die in Interviews, Beobachtungen von Redaktionssitzungen und Chatprotokollen gesammelten ethnografischen Daten zeigen, wie die Redakteur:innen auf den anfänglichen Mangel an wissenschaftlichem Wissen und die unsichere Situation reagierten, z.B. durch die Nutzung vorhandener Beziehungen zu passenden wissenschaftlichen Expert:innen, die Anpassung der Auswahlkriterien zur Berücksichtigung wissenschaftlicher Preprints und die Entwicklung neuer Sendeformate, um den akuten Bedürfnissen im Journalismus gerecht zu werden. Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse wurde mitten in der COVID-19-Pandemie im Oktober 2020 eine weitere Ethnografie initiiert. Das Interesse galt dabei der Entwicklung der redaktionellen Praktiken und des Selbstverständnisses der Organisation hinsichtlich ihrer Rolle in der Wissenschaftskommunikation in einer Zeit, in der Wissenschaftsthemen öffentlich rasch an Bedeutung gewannen. Diese Feldphase wurde als „hybride" Ethnografie mit drei Wochen digitaler und einer Woche physischer Präsenz konzipiert. Dies ermöglichte zudem vergleichende Einblicke in die redaktionelle Arbeitsorganisation unter Heimarbeitsbedingungen.